In Villa O’Higgins bereitete sich in uns ein Gefühl aus endlich irgendwo angekommen zu sein. Der Ort hatte etwas sehr charmantes und beruhigendes an sich. Das mag an der schönen Landschaft oder der übersichtlichen Größe des Ortes gelegen haben. Umgeben von schneebedeckten Gipfeln ließen wir es uns gutgehen im Hostal El Mosco.

Es gab auch ein Dorffest zu Ehren der Gauchos mit Rodeoshow, Livemusik und einigen kleinen Ständen mit Pommes und Empanadas. Auch wurde ein ganzes Rind gegrillt wo man sich anstellen und selbst etwas vom Braten abschneiden durfte. Als wir die deutschen Zwillinge aus unserem Hostel sahen, wie sie super gierig und mit verzerrtem Gesichtsausdruck am Rind zogen und versuchten große brocken Fleisch abzuschneiden, verging uns der Appetit. Und als es dann noch zu regnen anfing fiel für uns auch das Rodeo ins Wasser und wir kehrten lieber ins gemütlich warme Hostal zurück.

Erst im Jahre 1997 erreichte die Carretera Austral Villa O’Higgins. Hier ist der Endpunkt, bzw für uns der Startpunkt, der etwa 1300 kilometerlangen Fernstrasse der wir nun folgten. Auch wenn die Strasse noch weiter ausgebaut und verbessert wird, ist sie zum größten Teil noch eine Schotterstrasse in zum Teil sehr schlechtem Zustand. Also so richtig angekommen waren nun doch noch nicht.

Die Straße führte durch eine atemberaubende Landschaft, vorbei an unzähligen Wasserfällen, türkisblauen Flüssen und Seen und umgeben ist man von urwüchsigem Regenwald. Den gibt es natürlich nur dort wo es auch viel regnet .

Steile Anstiege, Matsch, Wind und Wetter setzten uns auf Dauer ganz schön zu so dass wir teilweise nach einem halben Radeltag uns dafür entschieden es gut sein zu lassen und unser Lager aufschlugen.

Wir saßen in unserem Zelt oberhalb des Flußes an dem wir tags zuvor schon nach 30 oder 40 Kilometern gestoppt hatten. Da es den ganzen Tag nur regnete blieben wir direkt dort und legten einen Ruhetag ein. Die Pasta dampfte aus dem Teller raus und schmeckt an solchen Tagen besonders gut.

Als ein Radfahrer ankam guckte Mete nur kurz raus, grüßte und zog den Reißverschluß des Zeltes wieder zu. Wir hatten echt Hunger! Dazu muss man vielleicht noch erwähnen dass man hier jeden Tag mehreren Radreisenden begegnet. Dagmar sagte, ihr komme die Stimme vom Radfahrer irgendwie bekannt vor. Mete meinte, das sei bestimmt nur sein holländischer Akzent. Kurz darauf der Radelkollege: “Ihr seid doch die Alpays, oder?” Hä?? Woher kennt der uns denn?  “”Wißt ihr noch? In Esperance in Südaustralien vorm Supermarkt?” Ach ja, so erkannten wir doch noch wieder… Es war der Wolt, ein holländischer Reiseradler den wir vor über einem Jahr mal kurz kennengelernt hatten. Was für eine Überraschung! Er blieb nicht sehr lange bei uns denn er wollte mindestens 80 Kilometer am Tag hinlegen da er für seine Reise nicht so viel Zeit habe.So aßen wir eine kleinigkeit zusammen und er schwang sich wieder auf seinem Sattel. Es war echt lustig in wiedergesehen zu haben.

Den Zustand der Straße haben wir ja bereits erwähnt. Diese blöde Wellblechpiste hat doch tatsächlich unsere (kleine) Kamera, unser Handy und den Bildschirm vom Laptop auf dem Gewissen. Das ist auch mit ein Grund warum es so lange keine Blogberichte gab.

Die Abgelegenheit und Einsamkeit in schöner Natur im Süden von Chile hat schon etwas Faszinierendes an sich. Doch die Menschen hier sind Fremden gegenüber etwas verschlossen so das es sehr selten zu gepflegten Gesprächen mit Einheimischen kommt.

Aber richtig unfreundlich und abgezockt haben wir die Menschen eigentlich nur in Coyhaique erlebt. Unsere Unterkunftsuche hat schon Stunden in Anspruch genommen da viele einfach unverschämt in ihren Preisvorstellungen für sehr schlechte Unterkünfte waren. In einem Restaurant wollten sie uns auch abzocken. Wir ließen uns das nicht gefallen und gingen zum Verbraucherschutz. Dem Restaurant wurden 10 Tage zur Erklärung des Vorfalles gegeben andernfalls würde dieses dem Richter vorgeführt werden. Anschließend entschuldigte sich das Restaurant bei uns für ihr Missverhalten und versuchtem Betrug und auch das Geld wollten sie uns wiedergeben aber da waren wir schon längst wieder unterwegs.

Hier in Coyhaique trennte sich nach 2 Monaten gemeinsamen Radelns unser Weg von unserem Freund Nicolas. Es war erstmal etwas komisch als wir dann ohne Nicolas unterwegs waren, hatten wir uns doch sehr an ihn gewöhnt. Wir wünschen ihm noch viele weitere spannende Erlebnisse auf seiner Reise.

Einige Tage später kamen wir in Puyuhuapi an. Der kleine Ort liegt an einer malerischen Bucht. Wir sahen ein Schild vom Hotel Ludwig und gingen hinein. Die Besitzerin Luisa ist eine Deutsch-Chilenin. Ihr Vater hat um 1930 rum das schmucke Hotel aufgebaut. Luisa lud uns zum Kaffee ein und dabei erzählte sie uns etwas von der Geschichte der sich hier niedergelassenenen Deutschen. Hierzu hat sie auch ein Buch veröffentlicht.

Mit Luisa blieben wir noch weiter in Kontakt und so sollten wir später auch noch ihre gute Freundin Jule in Puerto Montt und ihre Schwester Heide in Valdivia kennenlernen.

In Chaiten hatten wir dann unser Ende der Carretera Austral erreicht und mit der Fähre setzten wir über zur Insel Chiloe.