Paraguay und der Gran Chaco, 6-21/8/2012

Paraguay | 21. August 2012 16:05

Leider traf es diesmal Peter der von einer Erkältung niedergeschlagen wurde, und so mußten wir ihn erstmal in Brasilien zurücklassen als wir über die Puente de la Amistad (Brücke der Freundschaft) nach Ciudad del Este und nach Paraguay einreisten. Die Grenzformalitäten waren schnell erledigt und da es in Ciuadad del Este nur so wimmelte von Verkäufern die einem gefälschte oder Schmuggelware oder Drogen oder Sonstiges andrehen wollten gaben wir Gas um die Stadt so schnell wie möglich hinter uns zu lassen.

Wir waren im zweitärmsten Land Südamerikas angekommen, jedoch konnten wir von der Armut erstmal nicht viel erkennen. Bis zur Haupstadt Asuncion war die Versorgunslage für uns sehr gut und wir suchten regelmäßig eine der am Wegesrand liegenden Tankstellen oder Restaurants auf um uns zu stärken oder manchmal auch nur um uns in den klimatisierten Räumen abzukühlen und ein Eis zu essen denn die Temperaturen erreichten nun des öfteren über 40 Grad Celcius. Ab und zu, meist am Rande der Ortschaften, erblickten wir jedoch auch die provisorischen aus Platikplanen gebauten Behausungen der ärmeren Bevölkerung und es wird wieder mal deutlich wie groß die Unterschiede zwischen Arm und Reich sein können.

Nach etwa 70 Kilometern im neuen Land in Santo Domingo wollten wir im Garten einer Schule zelten aber die Lehrerin meinte dass es trotz Zaun und Stacheldraht nicht sicher für uns sei denn Diebe würden denken dass wir statt dreckiger Wäsche sicherlich die Packtaschen voll mit Geld hätten. Hm schön wärs ja…. Also fragten wir bei der Polizeistation nebenan die uns auch gleich einen schönen Platz zum zelten anboten.

Der Kommentar der Lehrerin gab uns dann doch ein wenig zu denken, und auch die Kommentare vieler anderer die wir unterwegs trafen über die große Instabilität des Landes, und so suchten wir fortan immer den Schutz eines sicheren Campspots auf Privatgrundstücken mit sicherem Zaun drum herum oder offiziellen Stellen wie Polizei etc.

So verbrachten wir u.a. einen sehr netten Abend bei dem lieben Lehrerehepaar Alcides und Esmilce die uns noch nachgefahren waren um uns zu sich nach Hause einzuladen,

auf der Farm von Fernando und Graciella die uns direkt einen der Personalräume zur Verfügung stellten,

in dem Garten des Bayern Wald Restaurants wo uns die Besitzerin Lissy zusätzlich zu dem tollen Platz zum Campen auf eine leckere Pizza einlud.

Hier begegneten wir zufällig auch kurz dem Peter, der uns überholt hatte weil er bedingt durch Internetmangel an dem Hotel wo wir die Tage davor auf ihn gewartet hatten vorbeigefahren war. Jedoch weil er immer noch angeschlagen war fuhren wir auch diesmal wieder ohne ihn weiter denn er mußte sich nochmals ein paar Tage vollständig auskurieren.

Auch Lissy, die Besitzerin des Bayern Wald Restaurants, sollten wir einige Tage später nochmals wiedersehen. Sie stoppte uns auf dem Trans Chaco Highway und erklärte uns wie wir zu ihrem Adventure Park und Restaurant Buffalo Bill finden würden wo es viele Bungalows und noch mehr Krokodile gab. Wir kamen dort so gegen Abend auch an und bekamen ein riesen Haus zum übernachten und Cesar der für den Park zuständige Angestellte kümmerte sich bestens um unser Leiblicheswohl.

Ja da waren wir auch schon auf dem Trans Chaco Highway. Die Haupstadt Asuncion hatten wir gekonnt umfahren und schon ging es hinaus in die Weite des paraguayischen Gran Chacos. Wow!!! Was wir hier bis dato zu sehen und zu erleben bekamen haben wir so nicht erwartet. Eigentlich hatten wir keine große Vorstellung vom Chaco, aber das was wir antrafen war einfach unglaublich toll. Wir fühlten uns hineingelassen in einen großen, mehrere hundert Kilometer langen Zoo, oder besser gesagt Vogelpark und -paradies. Überall hört man die Geräusche der Natur und die Klänge der vielen verschiedenen Vogelarten u.a. viele Störche, Reiher und Flamigos die hier heimisch sind. Links und rechts der Strasse ist Sumpfgebiet. In den Tümpeln wimmelt es von Fischen und Krokodilen. Es macht so eine Freude hier entlang zu radeln und alle Eindrücke auf sich wirken zu lassen.

Die Versorgungslage hier ist bedingt durch die großen Weiten und die dünne Besiedelung schwierig und so schleppen wir ab sofort viel mehr Verpflegung und Wasser mit uns. Auch um einen passenden Campspot zu finden fahren wir teilweise weit bis in die Dämmerung hinein weil sich oftmals über viele Kilometer hin einfach nichts Geeignetes anbot.

So kamen wir an einem Abend am Parador Chaco Sur an. Die Dame erklärte auch sofort dass wir gerne überall auf ihrem Gelände unser Zelt aufstellen dürften. Allerdings hätte sie einen Nachbarn, einen Indianer, der leider auf seine alten Tage verrückt geworden ist und statt seiner Medikamente nur noch Alkohol zu sich nimmt und ein langes großes Messer hat mit dem er nachts herumirrt und alles anfasst, mitnimmt oder kaputtmacht was ihm so in die Hände kommt. UPS! Das klang alles andere als nach einem guten Campingplatz und einer ruhigen Nacht, aber im Dunkeln weiterfahren war auch nicht so wirklich eine Option. Etwas ratlos irrten wir um das Haus und ihr Anwesen herum. Da entdeckten wir einen leeren Raum in dem wir uns dann für die Nacht mit zwei Schlössern am Tor (sicher ist sicher) einsperrten. Selbst wenn der Mann uns nichts getan hätte, hätte er großen Schaden an unseren Fahrrädern oder unserem Zelt anrichten können.

Ein paar Tage später fühlten wir uns wie im Hollywood Film. Wir standen an einem großen verschlossenen Tor. Dahinter war eine Allee die die Zufahrt bildete zu den Farmgebäuden und dem grauen Schloss das wir in der Ferne links davon sichteten. Ein Farmarbeiter kam auf uns zu. Wir fragten ob es hier eine Platz für uns gäbe um unser Zelt für die Nacht aufzustellen. Er  meinte nur er könnte dies nicht entscheiden aber der “Senor” ist sofort zurück. Also warteten wir. Zwischenzeitlich erblickten wir sogar ein Krokodil in dem Tümpel direkt hinter dem Zaun.

Etwa eine Stunde später, es war schon fast dunkel, kam ein Jeep bei den Farmgebäuden in Sicht und kurz darauf kam dieser auf uns zugefahren. Zwei kräftig gebaute Männer stiegen aus und näherten sich dem Tor vor dem wir standen. Sie fragten uns nach unseren vollständigen Namen, wo wir herkommen, wo wir hinwollen und ob wir schon mal auf der Farm gewesen seien? Hm, komisch… Nachdem wir all die Fragen wohl zu ihrer Zufriedenheit beantwortet hatten öffneten sie das Tor und wir fuhren in Richtung der Farmgebäude.

Dort wartete ein weiterer Mann, groß gebaut mit blonden halblangen Haare, der uns als der “Senor” vorgestellt wurde. Er war begeistert von seinem Besuch aus Deutschland denn wie er uns später mitteilte war seine Enkelin gerade beim Springtunier in Aachen und überhaupt ist er begeistert von Deutschland und Europa. Auch er konnte es kaum glauben dass wir aus den Weiten Alaskas zu den Weiten des Gran Chacos gefunden hatten. Mete bot ihm an sich doch auf sein Stahlross zu setzen doch “El Senor” meinte er setzt sich auf jedes Pferd der Welt aber nicht auf ein solch bepacktes Ross wie das unsrige. Wir bauten unser Zelt auf und “El Senor” erwartete uns mit einer Flasche Rotwein. Was uns etwas irritierte waren die schwerbewaffneten Bodyguards, die vielen umherliegenden schussbereiten Revolver und Gewehre. Die Bodyguards gehorchten Wort wörtlich aufs Wort des “Senors” auf eine Art und Weise wir man sie sonst nur in Mafiosofilmen sieht.

Wir hatten gerade zwei Schlucke Wein genommen als aus der grandiosen Ruhe des Abends wie aus dem Nichts heraus ein Sturm und Gewitter startete. Dagmar lief zum Zelt um die Türen zuzuziehen und innerhalb von Sekunden wurde der Wind so stark dass Mete ihr zu Hilfe lief. “El Senor” stand auch auf und befehligte seine Leibeigenen uns zu helfen. Plötzlich war der Sturm so stark dass ein riesen Ast vom Baum abfiel und in ca. Lichtgeschwindigkeit in unsere Richtung flog. Ein im Weg stehender Betonpfeiler stand schützend vor uns und der riesen Ast zerbarst daran und Reste die umherflogen wurfen unsere Fahrräder um wobei Dagmars Spiegel abbrach. Das Zelt wurde gerade so vorm Zerbersten von Mete und den Leibeigenen gerettet. Die wie eine Frisbeescheibe umherfliegende Satelitenschüssel hat Mete glücklicherweise auf dem Weg zur Dagmar knapp verfehlt, dies hätte sonst böse enden können. Unter großer Vorsicht und im Dunkeln, den der Strom war ausgefallen, packten wir unsere Sachen zusammen und zogen in eines der Personalzimmer um.

Dann gab es ein köstliches Abendessen bei Kerzenlicht, denn der Strom war immer noch weg, mit dem “El Senor”, seinen zwei Bodyguards und seinem Vorabeiter der Farm. “El Senor” meinte die Farm mit zig Tausend Hektarn und zig Tausend Rindern sei nur ein Hobby von ihm und auf die Frage was denn seine Haupttätigkeit sei hieß es nur kurz und knapp “Äähmmm, Electronics…..”. “Aha”, meinte Mete trocken, “genau wir wir”. Hehehe, zum Glück hat das keiner verstanden. Dann gings bald auch ab in die Heia und am nächsten Morgen war von “El Senor” keine Spur mehr und so fuhren wir auch weiter. Heute war Dagmars Geburtstag.

Bei starkem Gegenwind, Staub und unglaublicher Hitze kämpften wir uns den ganzen Tag vorwärts. Gerne hätten wir nur einen kurzen Tag gemacht und in einem schönen Hotel eingecheckt. Nur das einzigste Hotel dass auf dem Weg lag war nicht sehr einladend und so puschten wir weiter bis wir, mal wieder bei Dämmerung, die Mennoniten Stadt Loma Plata erreichten. Am Ortseingang entdeckten wir das große Outdoorgeschäft “Chaco Outdoors”.

Wir gingen hinein und waren total erstaunt dass alle deutsch sprachen und auch sehr deutsch aussahen. Innerhalb von Sekunden kamen wir in ein Gespräch mit Horst, dem Besitzer. Horst war begeistert von unserer Tour und wollte uns dann ein Hotelzimmer reservieren bei einem seiner Freunde. Doch es gab keinen Platz mehr. Kurz darauf stieß auch Freddy, sein Bruder, hinzu und rief auch bei Hotels in der Ortschaft an und dann stellte sich heraus dass eigentlich alle ausgebucht waren da es gerade die größte Viehzuchtmesse des Landes im Ort gab. So meinte Freddy wir seien herzlich bei ihm und seiner Familie eingeladen. Er brachte uns zu sich nach Hause und Alma, seine Frau, kam uns draußen schon entgegen und empfing uns super herzlich. Sie hatte uns schon ein Zimmer in ihrem großen Haus zurecht gemacht und wir fühlten uns auf Anhieb sehr wohl und willkommen. Sophia, die kleine Tochter der beiden, hatte heute zufällig auch Geburtstag und so gab es am Ende des Tages doch noch ein Stück Geburtstagskuchen für Dagmar. Da war Mete fein raus, hehehe. Für die anschließende Party sorgten Horst, seine Frau Dorothea, Alma und Freddy mitsamt Kids in dem Biergarten eines Restaurants bei abendlichen 32 Grad Celcius. Wir hatten eine tolle Zeit mit Alma, Freddy den Kids Mirko und Sophia und fühlten uns auch sonst sehr wohl in dem Mennoniten Ort. Vielen lieben Dank nochmal :-)

Jetzt befinden wir uns im ebenfalls mennonitischen Nachbarstädtchen Filadelfia und hoffen dass wir heute hier auf Peter treffen werden und dann von hier aus wieder zusammen weiterfahren.

« Vorherige Seite