Malawi, 11.-30.7.2015

Malawi | 21. August 2015 12:56

Karonga, unsere erste Stadt in Malawi, hat auf uns einen ruhigen und relativ entspannten Eindruck gemacht. Überall sah man die Schilder von Hilforganisationen die hier ihren Regionalsitz haben. Das es im Hotel nur ein Frühstück bei einer Doppelbelegung gibt kam uns zwar komisch vor aber was solls, wir werden ja bald merken ob das so der normale Standard in Malawi ist. Am Abend aßen wir in einem Restaurant im Zentrum und auch dort fanden wir es sehr relaxt und nett. Malaria gebe es im Moment wegen der Trockenzeit relativ wenig, meinte der Kellner. Im Ort selbst konnten wir uns trotz später Stunde sehr frei und unbehelligt bewegen was ja nicht unbedingt normal ist Afrika. Da wir ja weiter ins Landinnere hinein fahren also Richtung Malawisee wird es warscheinlich noch besser werden und vielleicht gibt es ja auch Frühstück für beide von uns. :-)

Tagsdrauf ging es auch direkt weiter in Richtung See. Das Malawi einen guten Ruf hat haben wir ja schon an anderer Stelle erwähnt. Es sollte aber eher heissen das Malawi einen lauten Ruf hat. Denn so laut wie die Kinder hier schreien können haben wir bisher noch nicht erlebt. Da wir das Land bereits verlassen haben können wir jetzt auch nur einen kleinen Eindruck dessen wieder geben. Das liegt nicht daran dass wir selbst wenig Eindrücke gesammelt hätten sondern eher im Gegenteil. Wir wurden förmlich von Eindrücken jeglicher Art bombardiert. Direkt von Tag eins auf dem Weg nach Karonga ging es schon los mit “Muzungu! Give money!” -Forderungen. Zwar ist das nervig wenn man es 20 mal pro Kind hört aber viele vor allem im Norden waren noch sehr lustig und süß dabei. Das diese Kinder in bitterarmen Verhältnissen aufwachsen ist nur unschwer zu sehen. Unserer Schätzung nach war das ein oder andere Kleidungsstück, oder was davon noch übrig war, schon älter wie wir.
Unsere Nerven waren anfangs auch noch in relativ intaktem Zustand, auch wenn Mete sich am Tag mindestens einmal mit irgendwelchen Deppen streiten mußte.Vor lauter Kindergeschrei gehen die Anmachen der jungen Männer aber etwas unter, von daher auch nur ein Streit pro Tag. :-)

In all den Ortschaften, an denen wir vorbei kamen, fiel uns auf, dass Malawi von Hilfsorganisationen förmlich überflutet ist. Pro Dorf sieht man mindestens zwei Schilder von Organisationen wie Care, Oxfam, World Vision, Unicef, Usaid, etc und endlos viele Schilder von Hilfsprogrammen der Europäischen Union. Auch gibt es überall relativ neue Brunnen, teilweise 3 pro Dorf an denen wir uns dann auch bedienen aber das Wasser dann vorsichtshalber filtern, denn in den kleinen Geschäften findet man nur 0,5 Literflaschen mit den wir natürlich nicht weit kommen würden.

Auf Nhkata Bay einem Ort direkt am See haben wir uns schon sehr gefreut. Wir haben uns sowas wie die Cote d’Azur a la Malawi darunter vorgestellt oder erträumt besser gesagt. Irgendwie dachten wir es würde hier nur so wimmeln von tollen Hotels und noch mehr Restaurants in denen wir uns die Bäuche mit Leckereien vollschlagen können, aber Pustekuchen. Der Ort ist natürlich nicht so, obwohl es Hotels gibt aber deren Standard läßt auch zu wünschen offen. Gleiches gilt für die Restaurants. Da Geld abheben außerhalb der Großstädte nahezu unmöglich ist, wollten wir etwas Geld wechseln. Bei der Bank ging dies an einem Freitag um 14:50 natürlich nicht mehr da es ja schon spät ist und die Bank um 15:00 schließt. Wir sollten es vieleicht morgen nochmal probieren. Zulange würde es dauern um den Wechselkurs im System einzutragen… Zum Glück wußte die Rezeptionistin unseres Hotels wo wir auch schwarz wecheln könnten. In einem sehr kleinen Eisenwarengeschäft fanden wir dann auch den guten Mann und wechselten zu einem besseren Kurs als wie ihn uns die Bank gegeben hätte.

Wenn man ohne Fahrrad unterwegs ist wird man von den Leuten wenigstens in Ruhe gelassen.Wir hofften dass es von nun an so bleiben würde da wir ja nicht die einzigen Muzungus sind die sich mal am See blicken lassen und die Leute so ja etwas weiße Haut schon gewöhnt sind. Aber kaum hatten wir Nkhata Bay verlassen war wieder alles beim alten. Im nächsten größeren Ort wollten wir auch wieder in ein Hotel einchecken aber der Trubel mit den Fahrradtaxifahrern und das Angelaufen Kommen wenn wir auch nur irgendwo standen hat uns unsere Meinung wieder ändern lassen und wir wollten erst gar nicht mehr im Ort bleiben. So langsam spürten wir unsere Nerven wieder.

An einem Abend fragten wir nach dem Pastor einer Kirche die in unmittelbarer Nähe einer Schule stand. Der junge Mann, Lehrer an der Schule, meinte, es sei besser für uns in der Schule zu schlafen da tags drauf schulfrei ist. Wir könnten kurz zum Direktor und um seine Erlaubnis bitten. Taten wir auch und anstelle des Klassenzimmer bekamen wir das Büro des Schulleiters. Gerade so haben wir unser Zelt da rein quetschen können und die Hitze im kleinen Raum hat uns das Einschlafen auch nicht erleichtert.

Am folgenden Morgen waren bereits 4 Lehrer im Nachbarzimmer als wir gerade zusammengepackt hatten. Als wir die Räder beluden sagte ein Lehrer zum Mete: “Ähem, äh, sorry, Sir!”. “Warum sorry? Ist doch alles ok!?”. Lehrer: “Ähm, also wenn Leute hier in der Schule schlafen dann muß dafür bezahlt werden. Wir haben es gestern vergessen zu erwähnen.” Mete: “Aha, vergessen zu erwähnen? Ja da sprech ich mal mit dem Direktor.” Gesagt getan. Auf die Frage hin, was denn diese abgezockte Tour solle, stammelte der Direktor von irgendeinem Dorfkomitee das auf Geld warten würde usw. Mete: “Dorfkomitee einer öffentlichen Schule das auf Geld wartet? Ja dann bezahlen wir bei der Schulbehörde in Lilongwe.” Schuldirektor: “Das würde den Ruf der Schule in ein schlechtes Licht rücken.” Mete: “Sag mal, glaubst du wirklich wir sind so doof und glauben diesen Unsinn mit Komitee und all dem anderen Zeugs was du erzählst? Dachtest du wir Muzungus machen unser Portemonaie auf und drücken dir 100 USD in die Hand?” (Ein einfaches Zimmer auf dem Land kostet ca 7 USD, nur gab es weit und breit kein Gästehaus.) Schuldirektor: “Ach ja, wenn du dann zahlst (die 100 USD dachte er wohl), dann bitte vor den Augen der Lehrer !” Uff, was für ein Depp wieder mal … Wir: “Ok, wenn dann geben wir dir 1 USD den du dann mit deinen Lehrern teilen kannst. Und das wird natürlich auch gemeldet!” Der Direktor, mittlerweile weiß wie Schulkreide, wußte dann nach ca 30-minütiger Standpauke von Mete nicht mehr weiter und entschuldigte sich für seine Lehrer. Das ganze Drama hier wieder zu geben würde den Rahmen diesen Eintrags sprengen aber der Direktor hat echt einen Bock geschossen. Der erste Lehrer läd uns ein in die Schule und dann so was….

Unsere armen Nerven, die werden hier echt strapaziert. Anstatt dass es irgendwann ruhiger wurde, wurde es nur schlimmer….. Die Kinder die immer Lauter und aufdringlicher wurden machten nun wirklich keine Freude mehr. Die Bettelei wird hier immer öfter von den Eltern angezettelt. Für uns sieht das dann so aus dass wir überm Tag verteilt stundenlang von Kindern verfolgt werden mit “Ey Muzungu! Gib Geld!” -Forderungen. Wenn man dem über Tage hinweg ausgesetzt ist gibt es auch nichts mehr was man schön reden könnte. Die Eltern stiften an und schauen zu wie eine ganze Generation von jetzt Kindern zu Bettlern wird. Armut haben wir natürlich schon öfter auf unsere Tour gesehen aber noch nie eine solche Bettelei.

Es ist aber relativ einfach zu erklären wie es dazu kommt. Wie oben schon erwähnt gibt es pro Dorf mindestens 3 Brunnen und 2 große Charities die den Anwohnern helfen. Die Programme die den Dorfbewohnern auch zu Bargeld verhelfen sollen sind natürlich auch vertreten aber halt nicht überall. So wird das einfach nun gefordert. Scheinen die Menschen hier doch gelernt zu haben das Muzungus zum Geben da sind, also können die doch auch Geld verteilen. Selbst Schuldirektoren ticken so. Auch wird man nicht um Hilfe gebeten sondern sehr öft hören wir WIE wir denn gedenken zu helfen. Das wir helfen davon wird ja schon von ausgegangen. Solche Gespräche können echt amüsant sein aber uns war irgendwann nicht mehr zum Lachen. Richtung Lilongwe werden die Geldforderungen noch mit Steinwürfen untermalt. Da kommt dann warscheinlich mehr bei rum, denken sich vielleicht die Kids.

Einmal ging Mete auf drei Männer zu und stellte sie zur Rede was es denn solle dass ihre Kinder Steine nach uns werfen. Die 3 angetrunkenen Männer entschuldigten das Verhalten der Kinder und meinten dass es nicht ihre Kinder seien aber sie werden die Eltern ansprechen. Das es nicht viel bringen wird ist uns ja klar, aber wer weiß vieleicht wird der nächste Radreisende in diesem Dorf von den Kindern verschont.

Ca 30 Km vor der Hauptstadt Lilongwe wurde es etwas ruhiger und wir fuhren rein in ein ganz anderes Malawi. Sehr ordentlich und sauber ist die Hauptstadt. Weite Straßen und ein prachtvolles Parlament wo am Eingangstor ein strahlendes Rotes Schild der ChinaAid hängt. Auf den Parkplätzen der großen Supermärkte sieht man überwiegend große Pickups, viele von diveren Charities.

Eines Morgens um 7:00 wurde es auf einmal sehr laut am Eingang zum Hotel. Es hörte sich wie eine Schlägerei an. Mete ging raus und da wurden die Streithähne gerade von den Managern des Hotels auseinander gehalten. Was war geschehen? Der Manager erklärte, das der Gärtner die Klamotten der Nachtwächter von der Wäscheleine geklaut hat. Normalerweise haben die Nachtwächter bis 6:00 Schicht und der Gärtner fängt dann um 7:00 seine Arbeit an. Das Mister Superschlau dann wirklich so dreist ist und in den geklauten Klamotten zur Arbeit kommt ist ja echt lustig. Nur das die Nachtwächter hinterm Tor auf ihn warteten damit hatte der superschlaue Gärtner natürlich nicht gerechnet und somit ne Trachtprügel erhalten. Keine halbe Stunde später waren der Gärtner und die Manager herzlich am Lachen darüber. :-) Konsequenzen hat so ein Diebstall natürlich nicht, nur dass wir unsere Wäsche nun im Zimmer trockneten.

Schon nach kurzer Zeit in Afrika wunderten wir uns warum denn trotz hunderter Hilforganisationen, die hier allen voran in Malawi tätig sind, keinerlei Entwicklung zu sehen ist. Immer kritischer sehen wir  die angebliche Entwicklungshilfe für Afrika. Was im Alltag zu sehen ist, sind relativ viele  untätige Menschen die entweder auf die Regenzeit und somit Arbeit auf den Feldern oder auf Hilfe von außen zu warten scheinen. Eigeninitiative scheint ein Fremdwort zu sein. Wenn ein einzelner ungebildeter Mensch keine Initiative zeigt ist das eins, aber die Regierungen der Länder durch die wir bisher durchgeradelt sind, scheinen mit den Problemen der Bevölkerung nichts zu tun zu haben. Unser subjektiver Eindruck ist dass die Einzigen denen das Leid der Menschen hier nahe zu gehen scheint, hilfsbereite Muzungus und die Kirchen sind. Die Regierungen sind somit ja fein raus. Für die Entwicklung auf dem Lande scheinen sie ja nicht verantworltlich zu sein sondern die von Fremden bezahlten Organisationen oder die westlichen Staaten und ihre Entwicklungsgelder. Das scheint sich die korrupte Malawische Regierung gedacht zu haben als im Jahr 2014 aufflog dass sie ca 100 Millionen USD aus den Entwicklungshilfegeldern unter sich aufgeteilt hatten. Um ehrlich zu sein auch wir sind mit ganz ambitionierten Plänen hierher gekommen um den Armen hier zu helfen, aber diese Pläne haben wir mittlerweile verworfen. Zu sehr, so scheint es, haben sich die Leute hier schon an Hilfe von außen gewöhnt denn sonst würden sie selbst mehr Engagement zeigen und ihre Regierungen in die Pflicht rufen.

Natürlich trafen wir auch auf sehr nette Menschen in Malawi und wir hatten immer einen sicheren und oft einen ruhigen Platz zum Schlafen.
Ganz besonders angetan waren wir aber von den 2 deutschen Volunteers Ruth und Laura die an einem von Nonnen geführten Internat ehrenamtlich Englisch und Kunst unterrichten. Mit sehr viel Herz und Verstand schlagen sich die Mädchen durch den auch für sie harten Alltag. Ruth hat eine besonders schwere Form der Malaria besiegt und Laura infizierte sich mit Thyphus. Beide haben sie auch lustige Geschichten mit den Erlebnissen ihrer Mädels zu erzählen und wir verbrachten einen sehr unterhaltsamen Abend mit ihnen bevor wir am nächsten Tag die Grenze nach Sambia erreichten.

 

im Norden von Malawi waren die Kids noch süß mit ihren Geldforderungen und hatten ihren Spaß

im Norden von Malawi waren die Kids noch süß mit ihren Geldforderungen und hatten ihren Spaß

Baobab

Baobab

Baobab

Baobab

am Malawi-See

am Malawi-See

Wir sind entdeckt worden

Wir sind entdeckt worden

am Malawi-See

am Malawi-See

am Malawi-See

am Malawi-See

Fischer - Ausrüstung

Fischer – Ausrüstung

Äffchen

Äffchen

Pavian-Familie

Pavian-Familie

am Malawi-See

am Malawi-See

am Malawi-See

am Malawi-See

unser Camp im Schuldirektor-Zimmer

unser Camp im Schuldirektor-Zimmer

selbstgebastelte Spielzeugautos

selbstgebastelte Spielzeugautos

An einer Wasserpumpe

An einer Wasserpumpe

Charity-Schilder sind man überall

Charity-Schilder sind man überall

wir vermuten es handelt sich um einen Medizinmann

wir vermuten es handelt sich um einen Medizinmann

Delikatesse am Strassenrand

Delikatesse am Strassenrand

Delikatesse am Strassenrand

Delikatesse am Strassenrand

bei ganz hartgesottenen Übeltätern hilft nur noch die Kamera damit wir ein wenig Ruhe haben - zuvor hatten diese Kids noch mit Steinen nach uns geworfen und Geld gefordert

bei ganz hartgesottenen Übeltätern hilft nur noch die Kamera damit wir ein wenig Ruhe haben – zuvor hatten diese Kids noch mit Steinen nach uns geworfen und Geld gefordert

mit den beiden Volunteers Ruth und Laura

mit den beiden Volunteers Ruth und Laura