Huanta nach Andahuaylas, 28/12/11-10/01/12

Peru | 14. Januar 2012 15:25
Irgendwie holte uns über die Feiertage die Gemütlichkeit ein und so blieben wir in Huanta noch bis einschließlich Silvester und verbrachten die Tage mit Essen gehen, Fernsehen, Internet und zwei netten Besuchen bei der Familie von Samuel, dem Bruder von Demetria der World Vision Projektkoordinatorin aus Huancavelica die uns so nett durch die Projekte begleitet hatte.
 
An Neujahr radelten wir dann in das in etwa 50 Kilometer entfernte Ayacucho und machten dort ebenfalls nochmals einen Tag Pause um die nette Kolonialstadt auf uns wirken zu lassen.
 
 
Von hier aus wurde es dann ernst. Gut ausgeruht und frohen Mutes machten wir uns auf den Weg in Richtung Cuzco. Gleich 5 steile und zum Teil über 4200 Meter hohe Pässe sollten auf uns warten, dazwischen immer wieder ebenso steile Abfahrten bis ins Flußtal hinunter auf irgendwo zwischen etwa 1800 und 2800 Metern. Dazu kommt dass ein guter Teil der Strecke immer noch unasphaltiert ist und wir uns inzwischen nun unglücklicherweise in der Regenzeit befinden.

Die nächsten 6 Tage erlebten wir alles was das Wetter nur zu bieten hat. Von kräftigen Regenschauern, über Schneeregen und Hagel, Gewitter und eisigkalten Temperaturen bis hin zu Sonnenschein und Hitze bis über 45 Grad.

Leider erwischte uns das ungemütliche Wetter genau als wir den ersten der 4200 Meter Pässe ansteuerten. Da kam alles zusammen und zu unserem Unglück mußten wir dann noch auf dieser Höhe zelten. Klatschnaß, zitternd und mit steif gefrorenen und schmerzenden Händen bauten wir unser Nachtlager auf. Und zu unserem noch größerem Unglück stellten wir voller Entsetzen dann fest dass Wasser durch unseren Zeltboden ins Zelt kam was nie zuvor geschehen war. Bald war alles unter Wasser und die paar Tüten die wir in aller Eile ausgelegt hatten brachten auch nicht viel. Die halbe Nacht lagen wir wach weil wir vor Feuchtigkeit und Kälte kaum Schlaf fanden obwohl wir sehr müde und erschöpft waren.

Dementsprechend wollten wir am nächsten Morgen nicht recht aus den Federn kommen. Die Kälte und das Prasseln des Regens auf unser Zeltdach machten es auch nicht leichter und da wir hofften wenigstens der Regen würde aufhören blieben wir noch etwas länger wie gewöhnlich liegen. Als es nach 2 Stunden immer noch nicht weniger wurde standen wir dann doch auf, denn hier zu bleiben und nochmals auf dieser Höhe zu übernachten, in der Kälte und mit all unseren durchnässten Sachen war gar keine Option.

Das Pedalen wärmte uns dann allmählich ein wenig auf. Jedoch kamen wir nur langsam voran denn unsere Reifen klebten ein wenig auf dem Lehmboden. Sehr verfluchten wir an diesem Tag die peruanischen Autofahrer die ohne jede Rücksicht an uns vorbeipreschten, natürlich immer mitten durch die mit Schlamm gefüllten Schlaglöcher (und davon gab es zahlreiche) und uns somit viele Schlammduschen bescherten. Zum Dank zeigte Mete denen auch schön seine steif gefrorenen Finger.

Dann kam die Abfahrt, aber da die Strasse sich in Serpentinen in das Tal hinunterschlängelte, die Sicht durch dichten Nebel sehr eingeschränkt war und der nasse Boden auch keine Höchstgeschwindigkeiten erlaubte kamen wir viel langsamer voran als gehofft.

Zu allem Glück mußten wir dann noch einen Platten flicken und als wir da so an der Seite der Strasse standen prasselten auf einmal keine Regentropfen mehr sondern Hagelkörner auf uns nieder.

Nur ein paar hundert Meter weiter dann der nächste Schreck. Mete fuhr voraus und rief Dagmar etwas zu dass sie jedoch nicht verstand da er seine Jacke bis hoch über den Mund gezogen hatte. Sie fuhr näher heran und nach ein paar Versuchen verstand sie endlich “Halt mich! Meine Bremsen funktionieren nicht mehr!” Ach du je!!! Es gab nicht lange zu fackeln und Dagmar versuchte näher an Mete heranzukommen. Von hinten kam sie nicht heran. Ein paar Kurven weiter war sie neben ihn und schaffte es ihn ein wenig mit der Hand an seiner Schulter von vorne zu bremsen. Gleichzeitig bremste er mit den Füßen im Schlamm. Das ganze versuchten wir zig mal bis er schließlich zum stehen kam. Zum Glück war die Abfahrt nicht sehr steil gewesen, denn sonst hätte das Gewicht von Metes Fahrrad ihn so sehr nach unten gezogen dass Dagmar keine Chance gehabt hätte ihn einzuholen. Nach der ganzen Aktion stellten wir dann fest dass an Dagmars Fahrrad auch nur noch die halbe Bremskraft der Hinterbremse vorhanden war, die vordere funktionierte ebenfalls nicht! Noch nie hatten wir Probleme gehabt mit den Bremsen, was war also geschehen? Da wir nur noch von der Höhe, der Kälte und der Nässe weg wollten, wechselte Mete im strömenden Regen notdürftig seine Vorderbremse aus und wir fuhren erstmal (Mete mit nur der Vorderbremse, Dagmar mit nur ner halben Hinterbremse) langsam weiter.

Nach etlichen Stunden erreichten wir am späten Nachmittag das kleine Örtchen Chumbes und checkten im dortigen Hostal ein. Die Unterkunft war sehr einfach aber wir waren so froh endlich wieder ein Dach über dem Kopf zu haben. Bevor wir uns jedoch aufwärmen und in trockene Sachen schmeissen konnten, reinigten wir erstmal unsere von Schlamm verdreckten Fahrräder und Taschen und Mete reparierte die Bremsen. Dabei stellte er fest dass die Bremsbelege sich in den letzten paar Stunden soviel abgerieben hatten wie sonst innerhalb von ein paar Monaten. Unsere Erklärung hierfür ist dass sich durch das Fahren auf dem naßem Lehmboden gemischt mit etwas Ausserirdischem überall an den Reifen und den Bremsen soviel Schlamm und Dreck abgesetzt hatte dass dies wohl zu diesem extremen Abrieb geführt hat.

Die nächsten Tage hatten wir mehr Glück. Zwar erspäten wir immer wieder dunkle Regen- oder Gewitterwolken am Himmel aber außer ein paar Tropfen erwischte es uns nicht mehr.

Im Gegenteil in einem der Flußtäler brüteten wir jetzt bei über 45 Grad in der Sonne. Was für ein Gegensatz zu den Tagen zuvor! So nach und nach bekamen wir auch wieder all unsere Klamotten und Ausrüstung trocken.

Nach insgesamt 6 Tagen Fahrt von Ayacucho erreichten wir dann endlich Andahuaylas, ein Ort mit etwa 30000 Einwohnern der sich prima anbot für ein paar Tage Pause nach all den Strapazen. 2 der über 4000 Meter Pässe sind bezwungen, der Rest wird folgen.

Eine nette und willkommene Abwechslung in diesen Tagen war für uns die Begegnung mit anderen Reisenden die uns entweder überholten oder entgegenkamen und für ein Schwätzerchen anhielten. So lernten wir drei Panamericana Motorradfahrer aus Melbourne in Australien kennen und zwei andere aus Südafrika. Ebenfalls trafen wir auf die Lichtensteiner Samuel und Nick die uns mit ihren Fahrrädern entgegenkamen und wir tauschten zahlreiche Informationen über die weitere Strecke aus.

Desweiteren kamen uns etliche Mototaxis entgegen, gefahren von jungen Leuten aus England, Irland, den USA etc welche an der Wohltätigkeitsralley “Mototaxi Junket” teilnehmen. Die Ralley startete am 1.1. in Cuzco und wird am 14.1. in Piura enden. Eine coole Sache aber auch nicht ohne bei den hießigen Strassen- und Verkehrsverhältnissen und den derzeitigen Wetterbedingungen. Mit einigen von den Teilnehmern hatten wir nette Unterhaltungen am Wegesrand. Andere fuhren wild winkend, hupend und grüßend an uns vorbei.

Eine Begegnung von diesen war besonders witzig und zeigt wie klein die Welt immer mal wieder sein kann. So trafen wir auf Finbar und Brendan aus Dublin. Beim Gespräch stellte sich heraus dass Finbar zufällig im selben Gebäude in Dublin Süd arbeitet wo wir beide lange Zeit gearbeitet hatten vor Beginn unserer Tour. Und seine Freundin fängt jetzt gerade wieder bei der selben Firma an bei der wir dort arbeiteten. Noch Stunden nach dieser netten Begegnung mußten wir darüber schmunzeln. Zufälle gibts…

Beim Schreiben dieses Berichtes checkten wir die Internetseite dieser Ralley für ein paar Informationen und erfuhren zu unserem Bedauern dass es in der Zwischenzeit einen schweren Unfall eines der Mototaxis gegeben hat und ein irischer Teilnehmer verstarb während sein Freund im Krankenhaus liegt. Wir konnten herausfinden dass es wohl keiner derjenigen war mit denen wir am Strassenrand geplaudert hatten, aber er wird uns sicherlich laut grüßend in seinem Mototaxi passiert haben. Wir bedauern diesen Unfall sehr und es tut uns wirklich sehr leid um den verstorbenen jungen Mann. Was genau geschah wissen wir nicht aber was wir laut Informationen im Internet herausfinden konnten ist dass er wohl von rutschiger matschiger Strasse einen Abhang hinuntergestürzt ist und den Folgen seiner Verletzungen erlag. Alle irischen Teilnehmer brachen daraufhin diese Ralley ab. Allen weiteren Teilnehmern wünschen wir dass sie gesund und sicher in Piura ankommen.